Selbstbewusstsein, Selbstwertgefühl und Selbstachtung, was kann man da alles verbocken? Naja, ich habe da bei der Entwicklung meiner Talente leider auch einigen Mist gemacht. Wichtig ist, dass sich ein Lernender auch gesellschaftlich mit seinen fortschreitenden Lernerfolgen entwickeln kann. Dazu sollte die Messlatte aber nie zu hoch oder zu tief gelegt werden, damit ein Erfolgsgefühl eintreten kann. Erfolgsgefühle sind für die menschliche Entwicklung nämlich überaus wichtig. Vor allem auch für das menschliche Reifen.
Meine Hochbegabung wurde in den Schulen, die ich besucht hatte, leider nie gefördert. Das hatte mir zumindest meine damalige Klassenlehrerin beim Abendgymnasium bestätigt. Sie sagte, dass viele Schüler am Abendgymnasium sich einbilden würden, in der Schule benachteiligt worden zu sein, was bei mir aber stimmen würde. Und sie riet mir damals, ein Begabtenabitur zu machen, weil sie nicht für mich und den Rest der Klasse getrennt Unterricht machen könne. Es ging da um die Langeweile beim Lernen, wenn andere nicht verstehen können, was man schon längst verstanden hat.
Äh ja, ähm, mein leiblicher Vater war so etwas wie ein Uruk-Hai, ein Elitekrieger des Bösen, gewesen, dem er einzig hörig war. Also war meine "Erziehung" was seine Seite anbelangte, auch entsprechend elitekriegerisch. Das hatte es mir schwer gemacht, mir eine bürgerliche Karriere in Berufen des Handwerks oder des Handels vorzustellen. Am liebsten hätte ich wohl Biologie studiert, um danach für eine Gesellschaft wie die WWF, World Wide Fund For Nature zu arbeiten. Ich war, was das anbelangte, als Kind schon sehr von Serien wie Daktarti inspiriert worden, was ja an sich nicht schlecht ist. Allerdings hatte es mich ziemlich wütend und zornig gemacht, dass ich in der Schule benachteiligt worden war, weshalb ich eben anfing, Arbeiten zu übernehmen und durchzuführen, für die ich eigentlich noch nicht qualifiziert war. Das waren Bodenverlegearbeiten, mein damaliger Studentenjob, und später dann selbständiger Parkett- und Fußbodenbau. Ich bildete sogar einigermaßen erfolgreich Leute in diesem Beruf aus, obwohl ich selbst keine Lehre in diesem Beruf gemacht hatte. Das hing damals mit meinem Obdachlosenhilfeprojekt zusammen, weill ich glaubte, ich können diese Leute wieder resozialisieren, wenn ich sie nur möglichst gut verstand, behandelte und entsprechend bezahlte. Das hatte natrürlich wegen deren Drogenproblematik nicht hingehauen. (Ich bin seit ca. 15 Jahren trockener Alkoholiker) Im Grunde war ich mit meinem Tun ziemlich überfordert und konnte auch keine wirkliche gesellschaftliche Anerkennung erhalten, weil ich ja nicht zugeben konnte, dass ich noch Anfänger war. Ich verhielt mich zu meinem eigenen Nachteil autodidaktisch und war wohl etwas verhalten hochstaplerisch. So nach dem Motto: Vom erfolgreichen Heimwerker zum Self-made-Handwerker.
Das hing eben mit der Benachteiligung in der Schule zusammen und dem Materialismus meines Leibhaftigen, da ich dachte, dass ich als erfolgreicher, geldiger Bauunternehmer vielleicht dann die von mir ersehnte Anerkennung meines Leibhftigen erhalten könnte. Aber das war natürlich Quatsch, da mein Leibhaftiger chronisch und krankheitsbedingt alles hasste, sich selbst, das Leben, einfach alles, da er krankheitsbedingt nur hassen konnte.
Mein Problem war daher wie das eines 14jährigen, der sich das Auto seines Vaters gekrallt und damit eine Tour durch die Stadt gemacht hatte, ohne dabei einen Unfall verursacht zu haben. Wirklich ein unglaublicher Erfolg, aber wer sollte diesen Erfolg schon wie anerkennen, wo ich das doch so gar nicht zugeben konnte, oder? lol
Ich hatte unter anderem einen Parkettboden gebaut und verlegt, der insgesammt über 500 DM/qm gekostet hatten. Und das Ergebnis war mir auch abgenommen worden, sprich, der Kunde, ein sehr empfindlicher und bekannter Modellbauer, hatte meine Leistungen bezahlt. Schier unglaublich aber wahr, dank meiner technisch-naturwissenschaftlichen Hochbegabung.
Und zu allem Überfluss stapelte ich dann auch noch mehr oder weniger tief und tat so, als gehöre sich das so. Und das hat mich halt leider die nötige gesellschaftliche Anerkennung meiner handwerklichen Leistungen gekostet, was mir weniger gut getan hatte. Wenn ich nicht so unbedingt versucht hätte, die Anerkennung meines leiblichen Vaters zu bekommen, dann hätte ich mich sicherlich gesellschaftlich und beruflich sehr viel besser entwickeln können, was mir heute echt leid tut. Ich weiß auch nicht, ich mag Kollegialität sehr, was ich schon bei der Polizei gesucht hatte. Durch den chronischen Wahn meines elitär-einzelkämpferischen Leibhaftigen hatte ich mich aber etwas als Uruk-Hey versucht, was mir in meinem Herzen öfter mal weh getan hatte. Heute würde ich mich bestimmt nicht mehr so verhalten, weil ich einsehen musste, dass mir das letzlich geschadet hatte und auf höchstgradigen, chronischen Wahn zurückzuführen war.
Derzeit schreibe ich z. B. am Wochenende für die AZ und meine Leser seit ca. 2 Jahren immer Beiträge über den Bau der Cheopspyramide. Die
meisten technischen Probleme beim Bau dieser Pyramide konnte ich sicherlich schon erfolgreich lösen, jedoch....................... mir fehlt es eben an Kollegen und allgemeiner gesellschaftlicher Anerkennung. Das ich den Pyramidenbau vom Technischen her lösen kann, rechtfertigt natürlich nicht unbedingt mein Verhalten als Parkett- und Bodenleger, obwohl mir meine Arbeiten größtenteils problemlos abgenommen worden waren.
(Die Bausteine der Pyramide hatte man z.B. mithilfe einer Kombination aus schiefer Ebene und Flaschenzug fortbewegt. Dazu hatte man Umlenkpfosten seitlich links und rechts in die schiefe Ebene gesteckt, ein Tau um diese Umlenkpfosten und einen Bauschlitten gelegt und dann hatten links und rechts der Baurampe Tauzieher diese Last fortbewegt. Einfach aber sehr effektiv. Ohne diese Technik wäre der Pyramidenbau gar nicht möglich gewesen.)
Also sollte man meinen Erfahrungen nach zum einen die Messlatte entsprechen der derzeitrigen Leistungsfähigkeit gelegt bekommen und zum anderen darauf achten, entsprechend seinen Leistungen auch gesellschaftliches Ansehen und Anerkennung zu bekommen. Zu viel Autodidaktik ist auch nicht gut. Eigentlich wollte ich das auch gar nicht, ich hatte mich damals vielmehr sehr auf Kommilitone, etc. gefreut.
Auf meine handwerklichen und wissenschaftlichen Leistungen etc. bin ich schon stolz, aber.......... üblicherweise sitze ich alleine vor dem PC, was mir so niemals vorgeschwebt hatte.
Also! Abschreiben und Unbelehrbarkeit führt lediglich ins gesellschaftliche Aus. Zumindest ein bisschen In sein hat schon was für sich, finde ich.
MfG Götz Kiesling