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Keine direkte Kontrolle über Ejakulation?

ThousandDawn

Komplexer Mehrzeller
Hallo,
Das ist eine dieser Tage, wo man sich 2:30h in einem Biologie-Forum registriert, weil man diese Frage nicht aus dem Kopf bekommt und Google trotz verschiedenster Suchanfragen nicht helfen kann. Also, ich frage mich:

Warum können Menschen Ihre Ejakulation nicht direkt bewusst steuern? Das hohe Ziel ist doch die Fortpflanzung und in seinen Kindern weiter leben. Wäre es da nicht unkomplizierter, wenn frau sich den richtigen Partner aussucht und mittels eines Schließmuskels(der so stark momentan natürlich nicht existiert) entscheidet, ob sie schwanger werden will oder nicht? Der Mann müsste halt einfach einen Schalter im Kopf umlegen und die Frau innerhalb von 3 Sekunden schwängern. Damit würde Überpopulation und "schlechtes" Erbmaterial ja auch eingeschränkt.
Also mir erschließt sich der Sinn nicht, im schlimmen Fall nur 3 Minuten, im schlimmsten Fall 2 Stunden auf einer Frau zu liegen und Reibung zu erzeugen, um zu beweisen, dass ich ein Vater werden kann(oder was auch immer da evolutionär hintersteckt). Versteht mich nicht falsch, das kann Spaß machen. Aber wieso macht es Spaß? Wieso ist es nicht effizient?

Und die wichtigste Frage: wieso finde ich unter keinem meiner Suchanfragen eine Antwort darauf und muss jetzt hier fragen?

Vielen Dank an alle, die Lust haben mitzurätsel oder die Antwort kennen.

Schöne Grüße, Damian
 

Joffi

Moderator
Moderator
Ein Aspekt ist sicher, auf welche Weise Verhalten genetisch programmiert werden kann. Das ist nämlich absolut nicht trivial, da im Erbgut ja "nur" Bauanleitungen für Proteine liegen und Informationen dazu, wann die wo gebraucht werden. Mit dieser Information lässt sich nicht fest einprogrammieren "wähle den fittesten Partner, verhandele ob Du aus seiner Sicht ein ebensolcher bist, wenn ja, tausche Erbgut aus". Der gangbare Umweg ist derjenige unserer Triebe (Hunger, Durst, Lust auf Sex, Müdigkeit etc pp) und eines Belohnungssystems, dass uns bei Erfüllung dieser Bedürfnisse glücklich bis ekstatisch macht. Ein Teil der Antwort auf Deine Frage ist kurz gesagt also, dass die Evolution keine Möglichkeit gefunden hat, Deinen effizientieren Weg genetisch zu codieren bzw es nicht für effizient befunden hat, solche wichtigen Entscheidungen dieser neumodischen Erfindung "Bewusstsein" zu überlassen :).
Im Übrigen gibt es durchaus sehr, sehr große Unterschiede in den sexuellen Gewohnheiten diverser Spezies. Darunter natürlich auch extrem kurze, "effiziente" Kopulationsakte. Dass dieser bei unserer Spezies auch mal länger dauert, muss also tatsächlich einen Vorteil haben und der ist schnell gefunden: nachdem der Akt des Erbgutaustauschs ohnehin stattfinden muss, hat die Evolution ihm gleich noch ein paar mehr Zwecke mitgegeben, z.B. vor allem Paarbindung. Wir sind eine soziale Spezies mit extrem langer, unselbstständiger Kindheit, die von einer engen Paarbindung profitiert und sexinduzierte Hormonsysteme sind eine Art, das umzusetzen.
 

ThousandDawn

Komplexer Mehrzeller
Vielen Dank für die ausführliche Antwort.
Das klingt alles sehr schlüssig und dein Punkt zur Paarbindung hat mich endgültig überzeugt. Gibt es da Abhandlungen oder Literatur zu empfehlen, um richtig in das Thema einzutauchen? Stichworte wären:

- Evolutionäre Codierung
- Aufgaben/ Funktionen von Sex
- Effizienz, Fortschritt, Erfolg(ab wann setzt sich ein Verhalten/ eine Spezies durch?) im biologischen Kontext
 

Joffi

Moderator
Moderator
Da gibts natürlich ein paar Tonnen Material, ja. Die Stichworte zum Suchen wären hier "genetischer Code", "evolutionäre Fitness" und "Sex und Evolution". Grundlagen dazu gibts im jedem Basis-Biobuch, wie dem Campbell Biologie (oder jedem anderen, der hier ist nur ein Beispiel-Klassiker) und natürlich im Netz (mit der entsprechenden Vorsicht, verlässliche Quellen vor sich zu haben).
 
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