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Mutagen,Teratogen, Kanzerogen

  • Hat das Thema erstellt BabyJessi
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BabyJessi

Gast
Hallo,
Ich hab einmal eine Frage. Ich weiß was die Begriffe teratogen, mutagen und kanzerogen bedeuten aber ich seh da keinen Unterschied zwischen den Begriffen. Bezeichnen sie dasselbe oder nicht? Mir fallen nämlich mutagene Stoffe ein, die auch Krebs erzeugen.

LG Jessi
 

Elsi

Moderator
Moderator
Ich würde sagen Mutagen ist sozusagen der Überbegriff. Das bedeutet einfach dass die DNA beschädigt wird.
Tetratogen ist ein Stoff, der Mutationen in Embryonen und Föten hervorruft. Kanzerogen ist ein Stoff, der eine Mutation hervorruft, die eine Tumorbildung begünstigt, also die Mutation in einem Protoonkogen hervorrufen und es zu einem Onkogen werden lassen.

Natürlich sind tetratogene und kanzerogene Stoffe immer gleichzeitig Mutagene. Aber die Begriffe sind einfach spezieller. Es gibt auch Mutagene, die NICHT gleichzeitig kanzerogen sind, sondern in irgendeinem vielleicht unwichtigen Gen eine Mutation hervorrufen.
 

Joffi

Moderator
Moderator
Erstmal vorweg: TERATOgen, vom griechischen Wort für Monster, Ungeheuer, nicht von tetra=vier.

Ich stimme Elsi zu, dass teratogene und kanzerogene Stoffe immer auf mutagen sind. Aber mutagene Stoffe, die nicht kanzerogen sind, sind es nicht, weil sie nur unwichtige Gene betreffen. Denn Mutagene wirken nicht gezielt hier oder da, sondern zufällig.
Die Unterscheidung mutagen/teratogen liegt wohl daran, ob etwas durch die Plazenta dringen kann oder nicht. Das sind ja getrennte Blutkreisläufe.
Mutagen/kanzerogen ist schon schwieriger. Diese Unterscheidung könnte von verschiedenen Testmethoden herrühren. Ein Mutagen (z.B. nach dem Ames-Test) könnte im Tierversuch schlicht keinen Krebs auslösen, warum auch immer.
 

mik

Administrator
Moderator
... so, dann gebe ich auch noch mal meinen Senf dazu:

Als Teratogene bezeichnet man alle die Ursachen (z. B. eine chemische Verbindung), die Missbildungen bzw. Entwicklungsdefekte beim Embryo oder Fetus hervorrufen und in der Folge zu einem Geburtsfehler führen. Teratogene können z. B. sein: bestimmte chemische Stoffe, energiereiche Strahlung, bestimmte Viren. Der Begriff Teratogen kann mit dem Begriff Mutagen nicht gleichgesetzt werden, weil nicht alle Teratogene Mutationen auslösen.

Mutagene sind "Stoffe", die Mutationen auslösen. Mutagene sind z. B. bestimmte Chemikalien und ionisierende Strahlen. Mutagene können Krebs auslösen, müssen dies aber nicht - ein Mutagen kann also ein Karzinogen sein, muss es aber nicht.

Karzinogene lösen Krebs aus ... dies ist aber nicht zwangsläufig während der Entwicklung im Mutterleib der Fall.

Gruß

mik
 

willi2000

Säugetier: Marsupialia
Moin Leute,
hier noch einige Ergaenzungen

Teratogen heisst im Deutschen auch "fruchtschaedigend", wie Mik richtig ausfuehrt.

Mutagen heisst schaedigung des Erbmaterials
z.B.
- Punktmutationen durch UV oder chemische
- Chromosomenaberrationen durch Stoffe, die die Zellteilung stoeren
- Gen(om)mutationen durch Retroviren

karzinogen sind Stoffe die die Entstehung von Krebszellen beguenstigen.
dazu einige Stichpunkte:

- Krebs entsteht überere mehrere Schritte durch eine Abfolge von Mutationen
- Jeder Organismus produziert einen grundlevel 'entarteter' Zellen, durch karzinogen Stoffe werden es nur mehr
- das Immunsystem erkennt und beseitigt 'entartete' Zellen
- das Immunsystem altert und dadurch entsteht der typische Alterskrebs (man bekommt immer Krebs, man muss nur lange genugt leben)

Einige Beispiele:

Alkohol ist teratogen und karzinogen, nicht mutagen.

Alkohol ist ein reine Zellgift. Seine teratogene Wirkung hat es fuer den Embryo hauptsaechlich in der fuer den Embryo fuer viele Stoffe (u.a. Rauchen) sensiblen Phase um Woche 8-12 (in dieser Phase bilden sich alle wichtigen Organe, wenn da was nicht stimmt, dann abgang). Danach wirkt es sich eigentlich hauptsaechlich noch auf die Hirnentwicklung aus (verminderte Intelligenz, reduziertes wachstum = geringeres Gewicht bei der Geburt).

Karzinogene Wirkung hat Alkohol nur hoch-prozentig, > Speiseroehre, Magenkrebs durch "verbrennung" der Schleimhaeute oder ueber die Menge > Leberzirrose (> relativ selten zu Krebs) durch Dauerbelastung der Entgiftungswege

Asbest ist nur karzinogen

Die karzinogen Wirkung von Asbest in der Lunge beruht auf der permanenten Induktion eine Entzuendungsreaktion > Fibrose, da Asbestfasern einer bestimmten Groesse (und nur die sind dann karzinogen), zum einen nicht durch die Lunge raustransportiert (zu klein), zum anderen aber auch nicht vom Immunsystem (hier Makrophagen, zu gross) beseitigt werden koennen. Dies fuehrt dann zu einer Fibrose und mit der Zeit dann zu einem Karzinom.
Es gibt heute Asbeste, die beim Verarbeiten nicht mehr die karzinogene groesse ergeben, sie lassen sich bloss nicht mehr als Asbest vermarkten.

Papilloma-Viren fuehren zu Gebaehrmutterhalskrebs und sind nur karzinogen > permanente Infektion (Entzuendung) kann nach vielen Jahre zu Krebs fuehren

Sonnenstrahlung (UV-Strahlung) ist mutagen und karzinogen (Hautkrebs)> Mutationen, aber nich teratogen (kommt nicht bis zum Foetus)

Gruss
 

Joffi

Moderator
Moderator
Aber eine Zelle muss ja nun mutieren, um zu einer Krebszelle zu werden, oder seh ich das falsch? Also muss z.B. eine Dauer-Entzündung, wenn sie zu Krebs führt, im Grunde mutagen sein. Und das auslösende Agens der Entzündung dementsprechend ebenfalls, zumindest sekundär. Oder nicht? Willi! Hilfe!
 

willi2000

Säugetier: Marsupialia
Genau, der Effekt ist sekundaer.
Im prinzip ist es hier die Dauer der Exposition (Entzuendung) x hohe Anzahl von Zellteilungen x die natuerliche Mutationsrate (Error-rate bei Replikation, ungleiches Cross-Over, transponierbare Elemente), und ich glaube das die Kontrolle durch das Immunsystem auch etwas schlechter ist bei eine permanenten Entzuendung. In wieweit die Aktivitaet der Makrophagen, die ja mit natuerlichen Kampfstoffen wie Sauerstoffradikale nur so um sich schmeissen, einen Effekt auf die Entstehung von Krebs haben, ist glaube ich, noch nicht bewiesen.

In der Regel kann man aber sagen, das Krebs eigentlich erst dann entsteht (wenn man nicht schon Defekte ererbt), wenn das Immunsytem alt wird (so zwischen 40-50 Jahren gehts abwaerts, je nach Lebenswandel, bis dahin sollten wir ja unsere biologischen Zweck erfuellt haben).

Die Dauer von der Asbest Exposition bis zum Krebs ist so 25 Jahre, bei Papilloma-Viren 15 Jahre und es muss natuerlich auch nie zum Krebs kommen.

Tja, das Leben an sich ist schon ein Risiko, wer ohne risiko leben will, muss sich erschiessen.

Gruss
 

willi2000

Säugetier: Marsupialia
Noch'n kleiner Nachtrag.

Wenn ein starker Raucher bis zum 40igsten aufhoert mit rauchen und hat noch keine Krebs, wird er statistisch gesehen fast so alt wie ein ewiger Nichtraucher. Wenn er aber weiter raucht, stirbt er etwa 10 Jahre frueher.
Bei einem Raucher hat das Immunsystem einfach mehr zu tun (daher u.a. erhoehter Vitaminbedarf), es (wie auch Haut etc.) altert dadurch schneller, aber wenn es halt noch jung ist, haut es alles weg (wie auch eine junge Leber den Alkohol).

und noch 'ne Anmerkung zu mutagenen Stoffen:
Viele Stoffe werden erst durch Stoffwechselaktivitaet mutagen und da sich der Stoffwechsel z.B. von Mensch und Ratten (von Bakterien in einem Ames-Test ganz zu schweigen) schon erheblich unterscheidet (Ratten sind bei der Entgiftung ware Meister) kann sich die Wirkung mutagener Stoffe erheblich unterscheiden.
Deshalb startet man ja bei einer Substanzpruefung beim Amestest (primaere Mutagenitaet, geht zur Zellkultur (Toxizitaet, Mutagenitaet), Organtests (z.B. Schweineohren aus Schlachtereien, zu Tierversuchen (anfangs Maus, Ratte, spaeter z.B. Hund (bei HerzkreislauF), Schwein & Kaninchen (Haut bei Kosmetika) oder Primaten, bevor das ganze dann am Menschen getestet wird.

Bei Asbeststaeuben ist es so, dass bei der Ratte eine andere Partikelgroesse als beim Menschen karzinogen ist.
 
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