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Was meint Ihr?? Frage zum Thema der Systematik

ChrisToph

Komplexer Mehrzeller
Hallo :)

Die moderne biologische Systematik beruht ja auf die tatsächlichen Verwandtschaftsverhältnisse. So sind bsw. die Eukaryoten wohl tatsächlich alle miteinander verwandt und gehen auf eine gemeinsame Ursprungsart zurück.

Stellt Euch bitte mal folgendes vor: In 34 Jahren wird unter der Kruste eines Eismondes tatsächlich ein flüssiger Ozean gefunden und untersucht und siehe da: Ein eukaryotischer Einzeller, er besitzt einen Zellkern und weist die typischen eukaryotischen Eigenschaften auf! Es stellt sich heraus, dass er sich unabhängig von den Lebewesen der Erde entwickelt hat.

... Er gehört somit zwar zu den Eukaryoten im Sinne der Merkmale, aber nicht im Sinne der Verwandtschaft. Gehört er nun zu den Eukaryoten ? Wie wird sowas die Biologie lösen, wie würde die Systematik bei solchen Fällen angepasst werden?

Liebe Grüße! :)
Christoph
 

Joffi

Moderator
Moderator
Hallo Christoph,
richtig, alle Eukaryoten gehen auf eine Ursprungsart zurück. Das trifft aber auch auf alle andere Lebewesen auf diesem Planeten zu. Alles Leben (das wir kennen) geht auf einen einzigen Ursprung zurück. Die biologische Systematik fragt jetzt im Prinzip, wie lange es her ist, dass zwei Spezies noch eine einzige waren. Igel und Spitzmaus sind systematisch in einer bestimmten Untergruppe, zu der die Hausmaus nicht gehört, weil der letzte gemeinsame Vorfahr von Igel und Spitzmaus weniger lang zurückliegt, als der letzte gemeinsame von Spitzmaus und Maus usw. Die Gruppenzugehörigkeit wird also nicht mehr über Eigenschaften definiert (früher gab es mal "Vermes", also "alles, was wie ein Wurm aussieht"; heute gibt es noch "Insectivora", also historisch "alle, die Insekten fressen" => die heißen nur noch so), sondern über alle verfügbaren Hinweise auf tatsächliche Verwandtschaft im o.g. Sinne ("wie lang liegt der letzte gemeinsame Vorfahr zurück?").

So, wenn wir also jetzt auf einem Jupitermond etwas finden, dass in allen Eigenschaften wie ein Eukaryot aussieht, dann würde ich erst einmal jede Summe Geld wetten, DASS der mit uns verwandt ist und da per Meteorit oder sonstwie hingekommen ist (oder wir von da). Aber jetzt nehmen wir um des Arguments Willen an, der sei beweisbar unabhängig entstanden. Dann wird der (nach den oben beschriebenen Prinzipien) auch nicht zu den Eukaryoten gehören, völlig egal wie ähnlich der uns ist.

P.S.: Wie wir Menschen irgendetwas nennen oder nicht, ist im Übrigen natürlich völlig egal. Ob wir definieren "das ist ein Eukaryot" oder "das ist keiner" ist der Natur, dem Universum und dem Organismus schnurzpiepschnuppe :)
 

ChrisToph

Komplexer Mehrzeller
Hallo Joffi, danke für die Antwort! :)

Ja, der Einzeller müsste laut Kladistik wirklich eine eigene taxonomische Stufe bekommen, ob er nun mit einem eukayotischen Einzeller super ähnlich ist oder nicht. Merkwürdig wäre das ja, wenn ein Lebewesen auf einem fernen Planeten entdeckt werden würde, der aus dem Boden wächst, Blätter trägt, die Chlorophyll beinhalten und Photosynthese betreibt. Wäre dieses Lebewesen unabhängig von dem der Erde entstanden - es wäre keine Pflanze. Ich denke aber mal, unsere vertrauten taxonomischen Namen bleiben erhalte n und man würde es einem Taxon etwa PflanzenPlanetenname zuordnen oder so :alien:oops: Klar, die Evolution wird wahrscheinlich immer ähnlich ablaufen, es ist eben nun mal günstig, Blätter zu entwickeln die Photosynthese betreiben usw....

Ist man sich eigentlich ganz sicher, dass das Leben der Erde wirklich hier seinen Ursprung hat ? Unter Erde steht in den oberen Zeilen schon "Die Erde ist Ursprungsort und Heimat aller bekannten Lebewesen. "
Aber es ist doch eher unwahrscheinlich, dass sich das Leben der Erde wirklich nach außen hin ausgebreitet hat, ist das unseren Erkenntnissen der Erdgeschichte nach überhaupt möglich gewesen ?
 

Joffi

Moderator
Moderator
"Möglich" ist sowohl ein Ursprung des Lebens außerhalb der Erde, als auch eine Verschleppung des Lebens von der Erde auf einen anderen Körper des Sonnensystems (Mars, Jupitermonde, Saturnmonde etc). Durch Meteoriteneinschläge könnte z.B. eine Gesteinsmasse inklusive Bakterien darin von einem Planeten/Mond fortgeschleudert worden sein und dann auf dem anderen eingeschlagen sein. Klar ist das unwahrscheinlich (Hitze, kosmische Strahlung blablabla), aber "möglich" ist das und selbst ob wahrscheinlich oder unwahrscheinlich lässt sich kaum sagen. Ein paar Milliarden Jahre sind ganz schön lang.

Nichtsdestoweniger gibt es keinen Hinweis darauf, dass das so war und als Wissenschaftler tendiert man immer zur einfachsten Erklärung (Leben ist hier => Leben ist hier entstanden). Aber warten wir´s ab, wir haben mit der Erkundung unseres Sonnensystems ja kaum angefangen :)
 

ChrisToph

Komplexer Mehrzeller
Nagut da muss man sich überraschen lassen :)

Ich würde dich gerne noch was fragen. Denkst Du, man kann jetzt schon eine korrekte Systematik nur der irdischen Lebewesen aufstellen ? Wo wir noch nicht wissen, ob außerirdisches Leben existiert, dass eventuell mit dem der Erde zusammenhängt ? Dann können die irdischen Lebewesen nicht in die Eukaryoten, Archaeen und Bakterien usw. eingeteilt werden, denn wenn es bsw. tatsächlich einen außerirdischen Einzeller gibt, der mit den Eukaryoten der Erde verwandt ist, müsste zwischen irdischen und (den entsprechenden) außerirdischen Eukaryoten unterschieden werden. Aber man weiß es eben nicht vorher. Wie könnte man da jetzt schon eine korrekte Systematik der irdischen Lebewesen aufstellen ? Verstehst du das Problem, das ich habe ? Wie würdest Du das machen
 

Joffi

Moderator
Moderator
Ich denke, der Kern der Sache ist hier, dass es diese Systematik real nicht gibt. Die kann man nicht erforschen und "finden" und dann ist sie "richtig". Systematik ist ein definiertes Gebilde, dass uns helfen soll, uns über Dinge auszutauschen, soll Gruppen Namen geben, damit ich darüber reden kann. Die Gruppengrenzen, die Anzahl der Ebenen, die Namen selbst, das alles ist absolut willkürlich und könnte mit dem gleichen Recht auch anders gemacht werden. Es gibt für eine "Gattung" keinerlei real messbare Grundlage. Welche Spezies zu einer Gattung gehören, haben wir Menschen einfach entschieden. Welche hypothetischen Vorläufer-Spezies einen Knoten im Baum darstellen und welche nicht, ebenso.

Schau Dir diesen Baum an und überleg mal, in wieviele Gruppen mit wievielen Ebenen man den systematisieren könnte:

1564058018828.png

"Tand, Tand, ist das Gebilde von Menschenhand", sagt Fontane :)

Nach dieser Vorrede siehst Du vielleicht, warum es gar keine "richtige" Systematik gibt. Wenn wir was neues finden, ändern wir die Systematik einfach, so, wie wir sie jedes Jahr dem Stand der Forschung anpassen.
 

ChrisToph

Komplexer Mehrzeller
Du hast natürlich Recht :) Dennoch ist man bzw. sind die Menschen ja bestrebt, möglichst korrekt darzustellen, so auch die Systematik.
Kann man sagen, die irdischen Lebewesen werden in die Eukaryoten, die Archaeen und die Bakterien eingeteilt und die Eukaryoten in .... , wenn die Möglichkeit existiert, dass außerhalb der Erde mit den irdischen Lebewesen verwandte Organismen existieren könnten ?

Und gehen die meisten Wissenschaftler davon aus, die Lebewesen der Erde haben auch hier einen Ursprung? Wie siehst du das, betrachtest Du die irdische Biosphäre als "abgeschlossen"?
 
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