Tierverband (Sozietät)
Unter einem Tierverband versteht man eine Gruppe von Tieren, die einander
gezielt aufgesucht haben und mehr oder weniger stark zusammenwirken bzw. zusammenarbeiten,
wobei die Gruppenmitglieder grundsätzlich das Bestreben haben, in der
Gruppe zu bleiben. Die Mitglieder eines Tierverbandes sind per Definition
"soziale" Lebewesen. Nicht zu den sozialen
Zusammenschlüssen im eigentlichen Sinn gehören Aggregationen (in sozialer Hinsicht rein zufällige Ansammlungen von Tieren an einem
bestimmten Ort).
Im Hinblick auf die Größe bzw. die Art der Gruppenzusammensetzung
meint man mit dem Begriff Tierverband in der Regel Gruppen, die über
den Bereich eines Paares und der "Kleinfamilie" hinausgehen.
Tierverbände lassen sich nach verschiedenen Gesichtspunkten (Kriterien)
beschreiben bzw. gliedern:
1. danach, ob es sich um offene oder geschlossene
Gruppen handelt und
2. danach, ob sich die Mitglieder der Gruppe untereinander
"persönlich" (individuell) kennen oder nicht.
Zu 1:
Von einem "offenen Verband" spricht man, wenn jederzeit Mitglieder
hinzukommen oder abwandern können, ohne dass sich die Grundstruktur der
Gruppe wesentlich ändert.
Die Mitglieder eines "geschlossenen Verbands" sind dagegen nicht
beliebig austauschbar.
Zu 2:
Kennen sich die Individuen "persönlich" untereinander, spricht
man von "individualisierten Verbänden".
Kennen die Gruppenmitglieder sich nicht "persönlich", handelt
es sich um "anonyme Verbände" (auch nichtindividualisierte
Verbände genannt).
Anhand der Kombination dieser Gesichtspunkte (offen/geschlossen, anonym/individualisiert)
lassen sich verschiedene Formen von Tierverbänden beschreiben:
a) offener anonymer Verband (auch: offene anonyme Gruppe, offene anonyme Gesellschaft),
b) geschlossener anonymer Verband (auch: geschlossene anonyme Gruppe, geschlossene
anonyme Gesellschaft)
c) individualisierter offener Verband (auch: individualisierte offene Gesellschaft)
d) individualisierter geschlossener Verband (auch: individualisierte geschlossene
Gesellschaft)
a) offener anonymer Verband (offene anonyme Gruppe, offene anonyme Gesellschaft)
Unter einem anonymen Verband versteht man eine Gruppe von Tieren, bei der
sich die Gruppenmitglieder untereinander nicht individuell ("persönlich")
kennen. Die Zusammensetzung eines offenen anonymen Verbands kann sich sich
fortlaufend ändern (einzelne Tiere können jederzeit ab- oder zuwandern),
ohne dass sich die Grundstruktur der Gruppe ändert.
Im Unterschied zu einer Aggregation können
die Mitglieder eines offenen anonymen Verbands jedoch gemeinsam handeln, die
Mitglieder eines Fischschwarms können z. B. zeitgleich die Richtung ändern,
um einem Raubfisch zu entkommen.
Beispiele für offene anonyme Verbände sind: Insekten-, Fisch- und
Vogelschwärme.
b) geschlossener anonymer Verband (geschlossene anonyme Gruppe, geschlossene
anonyme Gesellschaft)
Unter einem anonymen Verband versteht man eine Gruppe von Tieren, bei der
sich die Gruppenmitglieder untereinander nicht individuell ("persönlich")
kennen. Die Mitglieder der Gruppe erkennen sich an bestimmten gemeinsamen
Merkmalen (z. B. dem Gruppenduft), sodass zwischen Fremden und Angehörigen
der Gruppe unterschieden werden kann. Im Unterschied zum offenen anonymen
Verband sind die Individuen der geschlossenen Gruppe nicht beliebig austauschbar
(so werden z. B. fremde Artgenossen am Eingang eines Bienenstocks aggressiv
abgewehrt).
Beispiele für geschlossene anonyme Verbände sind: Insektenstaaten
bei Ameisen, Bienen, Termiten, Wespen.
c) individualisierter offener Verband (individualisierte offene Gesellschaft)
Zumindest einige Gruppenmitglieder kennen einander persönlich.
Beispiele für individualisierte offene Verbände sind: Brutkolonien
von Vögeln.
d) individualisierter geschlossener Verband (individualisierte geschlossene
Gesellschaft)
Die Mitglieder kennen sich persönlich. Gruppenspezifische Erkennungsmerkmale
können vorhanden sein, sind aber letztlich nicht notwendig (da sich ja
alle Tiere individuell kennen).
Nur bei individualisierten geschlossenen Verbänden ist zu beobachten,
dass das Verschwinden eines Gruppenmitglieds das Verhalten der anderen Mitglieder
ändert, z. B. indem nach einem vermissten Gruppenmitglied gesucht wird
(z. B. bei Elefanten).
Beispiele für individualisierte geschlossene Verbände sind: Tierverbände
bei Elefanten, Löwen, Menschenaffen, Menschengesellschaften.
Siehe auch unter:
Tieransammlungen
Literatur:
Internet:
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