Hallo Paul!
Es freut mich sehr, dass Du Dich nicht zufrieden gibst, wo ich doch so gerne diskutiere
Ich hangele mich mal an Deinem Text entlang für meine Antwort:
"Mit den Algorithmen kann ich mich nicht so recht anfreunden, obwohl dies eine gute Erklärung für die Entstehung von Komplexibilität aus einfachen Formen heraus sein könnte. In diesem Fall könnte man die Algorithmen mit den “Naturgesetzen” gleichsetzen, d.h. das Universum trug die Voraussetzung für die Entstehung von Leben bereits von Anfang an in sich. Eine Annahme, der die meisten Physiker sogar zustimmen würden."
***Eine Annahme, der ich ebenfalls - wenn auch schwankend - zustimme. Aus einer derart deterministischen Sicht müsste man dann allerdings eine Reihe Konsequenzen ziehen, die ich scheue. Aber das ist eigentlich auch eine andere Baustelle.
"Aber worauf sich Francis Crick bezog, war ja die Frage nach der Formgebung von bereits entwickelten Lebewesen. Und deren genetische Zusammensetzung dürfte auf eine unglaublich exakte Weise feststehen und angefangen von der Haarfarbe, Größe, Körperform, Geschlecht und Tausend anderen Faktoren usw. vermutlich exakt im genetischen Code verankert sein."
***Dort ist die Reaktion der Parameter Körpergröße, Gewicht etc.pp. auf eine bestimmte Umwelt festgeschrieben, nicht die finalen Werte selbst! Das ist ein großer Unterschied. Einfach ausgedrückt: Ein Mensch trägt nicht die genetische Information in sich, dass er mit 30 Jahren 97kg wiegen soll/wird, sondern nur, dass er bei einer ganz bestimmten Ernährungsweise so und so schwer wird. Deutlich wird dieser Unterschied in der dummen Argumentation, das Körpergewicht sei nicht genetisch beeinflusst, da ja in den letzten 50 Jahren die Zahl Übergewichtiger massiv explodiert ist offensichtlich ohne entsprechende genetische Veränderung. Nun kann ein Mensch aber auch nicht übergewichtig werden, wenn er die entsprechende Energie nicht zu sich nehmen kann. Interessant wird die Genetik hier in einer Situation des Überflusses: Wer wird dick, wer nicht. Aber ich schweife mal wieder ab.
"Lass mich mit einer etwas laienhaften Beschreibung die Situation beschreiben, so wie ich sie derzeit sehe. Als Darstellung soll eine Analogie herhalten. [...Analogie...] Hier dürfte sich bereits die Frage nach übergeordneten Gesamtbauplan stellen, denn die Genexpression beschreibt doch, wenn ich das richtig verstanden habe, lediglich den Mechanismus, wie sich die einzelnen Buchstaben untereinander anzuordnen haben. Wer oder was aber steuert die Bildung des gesamten Satzes?"
***Nun ja, eins führt sozusagen zum anderen. Es handelt sich um ein sich selbst organisierendes System. Ich sehe noch nicht den fundamentalen Unterschied zwischen Buchstaben anordnen und Sätze bilden. Im Grunde ist ein Satz nur eine bestimmte Buchstabenanordnung. Der Unterschied liegt nur in der Bedeutung, also einem von Menschen interpretierten Sinn. Diesen "Sinn" gibt es aber in einem Organismus gar nicht. Er ist einfach, wie er ist. Und er ist deshalb, weil er nicht nicht ist, soll heißen ausgestorben. Ohne übergeordnete "Bedeutung" brauchen wir auch keinen sinngebenden "Satzkontrukteur", sondern nur ein systematisches Buchstaben-anordnen.
"Jetzt kommt noch hinzu, dass bei der Bildung des Satzes, sogar einzelne Wörter entfernt werden können, wenn man dem Frosch beispielsweise die Augenlinse operativ entfernt. Jetzt kann doch festgestellt werden, dass durch die Genexpression innerhalb von 30 Tagen eine neue Augenlinse geformt wird, und zwar von Zellen, die ursprünglich eine ganz andere Aufgabe hatten. Das ausradierte Wort “Auge” wird also neu geschrieben, was meiner Meinung nach ebenfalls eindeutig darauf hinweist, dass die Genexpression sozusagen von oben herab gesteuert wird, in die Satzbildung eingreift und Korrekturen herbeiführt. Die Genexpression wäre dabei aber nur der Mechanismus und nicht die Ursache für die Korrektur. Auch dieser Vorgang weist darauf hin, dass der Satz: “Ich bin ein Frosch mit einem Auge” auf irgendeiner Ebene vorhanden und abgespeichert sein muss."
***Nein, das ist nicht notwendig. Erst einmal handelt es sich bei der Regeneration komplexer Strukturen oder ganzer Organe nach deren Entfernung um Ausnahmen, nicht um die Regel. Stellte sich also bereits die Frage, warum wir Menschen offensichtlich keinen Bauplan abgespeichert haben, nach dem wir einen Arm regenieren könnten. Wenn es aber möglich ist wie in Deinem Beispiel, dann gibt es dort einen Mechanismus, der das ermöglicht, nicht einen Bauplan. Es gibt also bestimmte Zellen, die sich noch teilen können und noch nicht völlig differenziert sind. Wenn eine Struktur entfernt wird, können diese an die verletzte Stelle wandern (oder liegen dort schon vor). Durch Signale von benachbarten Zellen "wissen" sie, wo sie sind, und was hier sein sollte. Diesen Platz können sie dann einnehmen. Führt man das fort, erhält man wieder eine Struktur wie gehabt. (Versteh mich nicht falsch: An diesen Mechanismen besteht unheimlich viel Forschungsbedarf und noch längst ist nicht alles bekannt. Worum es mir geht ist, dass es naheliegende Möglichkeiten gibt, die ein ganz neues Konzept überflüssig machen. Das ist dann natürlich zu bevorzugen (Ockhams Rasiermesser)).
"Wer oder was “liest” die Anweisung? Das ist wirklich eine interessante Frage, wobei meiner Meinung nach hier ganz klar festgestellt werden kann, dass die materielle Form entsteht, wenn “Leben” in der Zelle vorhanden ist. Ein Blick durch ein Ultraschallgerät müsste als Beweis genügen. Weiterhin kann festgestellt werden, dass die materielle Form sich auflöst, wenn der Organismus stirbt und das Leben nicht mehr vorhanden ist."
***Diesen Punkt verstehe ich nicht, bitte erklär mir das noch mal.
"Das “Lesen” des genetische Codes steht dieser Feststellung nach in einer untrennbaren Wechselwirkung mit dem, was wir als “Leben” bezeichnen.
Wie aber können wir dieses Leben definieren? Meiner Meinung nach auf jeden Fall mit “Intelligenz”, denn ein Stein hat keine, eine sich teilende Eizelle schon.
Was aber ist die Grundlage von “Intelligenz”? Hier könnte man vermutlich unterschiedliche Ansichten vertreten, aber ich tendiere dazu, als die Grundlage von Intelligenz eine geistige Ebene zu definieren. Ohne Geist keine Intelligenz, das sagt mir zumindest die reine Anschauung. Wobei klar ist, dass diese geistige Grundlage natürlich in völlig unterschiedlichen Ausprägungen vorhanden sein kann."
***Deine Definition von Intelligenz weicht erheblich von der allgemein gängigen und auch von der in verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen verwendeten ab. Ich würde Dir daher empfehlen, ein anderes Wort zu verwenden, von Intelligenz kann hier glasklar nicht gesprochen werden. Die Definition von Leben hat im Übrigen auch nichts im Intelligenz zu tun, sondern dort werden meist Argumente gebracht wie "kann sich replizieren", "verfügt über einen Stoffwechsel" etc.pp. Da ich nicht verstehe, wie Dein Wort "Intelligenz" zu verstehen ist, kann ich auch Deiner Schlußfolgerung auf einen Geist nicht folgen.
"An dieser Stelle hätte ich gleich noch eine Frage. So wie ich das sehe, werden in der Biologie die beiden Faktoren “Geist und Intelligenz” bei der Beschreibung von biologischen Vorgängen nicht berücksichtigt."
*** genau, siehe oben
"Zumindest habe ich diese beiden Begriffe in den diversen Foren noch nicht entdeckt. Gibt es dafür einen speziellen Grund oder hängt dies damit zusammen, dass man sich von diversen ID-Theorien abgrenzen möchte."
***nein. Das hängt damit zusammen, dass "Intelligenz" recht klar definiert ist und auf der zellulären Ebene nichts zu suchen hat. Daher müsstest Du Dein Konzept erläutern, damit ich folgen kann. Der "Geist" wiederum ist ein eher geisteswissenschaftliches Konzept (oh, das hat ja fast Wortspielqualität
). In der Biologie würde man da eher von anderem Sprechen wie "Fähigkeit zur Selbstreflexion" und ähnlichen Aussagen.
Gruß,
Tobias