BioTechFan
Komplexer Mehrzeller
Hallo, vielleicht weiß hier jemand Rat - mich verläßt nämlich gerade mein biologisches Latein ziemlich deftig...
Und zwar geht es um Bluttransfusionen. Jeder lernt früher oder später die AB0-Rhesus-Nummer und bekommt dann irgendwas von Universalspendern und Universalempfängern zu hören. Und weil man (meist noch in der Schule) ja treudeutschdoof glaubt, was einem da aufgetischt wird, denkt man, man wüßte irgendwas.
Oder man begreift wie ich, daß das alles ein wenig komplexer sein könnte und daß es langt, wenn es andere wirklich verstehen und man selbst mal was davon gehört hat, sich aber bitteschön nicht anmaßt, sich da für einen Profi zu halten, obwohl man letztlich die wahre Tiefe der Thematik nichtmal wirklich erahnt, geschweige denn überblickt.
So bin ich bisher ziemlich gut durchs Leben gekommen, wußte weder meine eigene Blutgruppe, noch habe mich für die Blutgruppen von irgendwem interessiert. Blutspende habe ich öfter erwogen, aber ob der mir zu großen Zapfmengen dann immer wieder verworfen. Ein Zwölftel meines Blutes zu verlieren, fand ich immer etwas übertrieben, die Hälfte hätte ich mir wohl gut vorstellen können. Anfragen bei Blutspendediensten endeten immer mit "Wir machen das halt so und zwar schon immer." Nun, ja. Dann halt ohne mich. Das ist mir einfach zu heavy. Ist hier auch nicht das Thema. Wollte nur sagen, daß mir das Blutspendethema nicht grundlegend egal war, es leuchtet schon ein, daß jeder mal ne Transfusion brauchen kann, also auch jeder übers Spenden nachdenken sollte. Vielleicht würden die auch mehr Spender bekommen, wenn sie sie nicht "leermachen" würden.
Zurück zum Thema: Weil bei Corona das Thema Blutgruppen aufkam und meine Freundin sich mit der Mendelsache dahinter recht ordentlich auskennt (hat sie irgendwie interessiert), wurde dieses vergleichsweise uninteressante Thema für mich dann eben doch interessant und ich habe mich damit mal eingehender befaßt und bin dabei einem ziemlich deftigen Verständnisproblem über den Weg gelaufen, bzw. ich zweifle recht deftig an den Erklärungsfähigkeiten sämtlicher Leute, die sich irgendwo prominent zu dem Thema äußern.
Welches Blut ist mit welchem kompatibel und WARUM?
Gängige (Auch-Schul-)Folklore liest sich wie folgt: "Gruppe 0 ist universaler Spender und AB ist universaler Empfänger."
Ist man da etwas genauer, wird die Folklore folgendermaßen geändert: "Das stimmt so nicht mehr, denn das gilt nur für Vollbluttransfusionen, die heute keiner mehr macht. Stattdessen gilt, daß die obige Regel heute nur noch für Erythrozytenkonzentrattransfusionen gilt und für Plasmatransfusionen sich Universalspender und -empfänger genau vertauschen."
Das kann man jetzt hinnehmen und einfach mal so schlucken - oder man kann es im Detail durchdenken und dann fallen einem da mehrere Probleme auf und zwar sowohl bei der alten als auch der neuen Folklore:
Problem mit der alten Folkore: Wenn man Vollblut 0 einem Empfänger mit AB transfundiert (was quasi die ideale Kombi wäre neben ner Spende von identischem Blut), dann treffen sich im Mischblut die Antikörper von Gruppe 0 gegen A und B mit den Antigenen von A und B aus Gruppe AB. Also sollte diese Kombination aus Universalspender und Universalempfänger zu einem deftigen Problem führen. Offensichtlich tut es das aber nicht, sonst wäre die Folklore ja kompletter Nonsens, was ich nicht annehme. Warum verklumpt dieses Blut nicht, obwohl es wundervolle Voraussetzungen dafür hätte?
Problem mit der neuen Folklore: Die Plasmatransfusion unterscheidet sich von der Vollbluttransfusion exakt darin, daß man die Erythrozyten (und noch paar Teile mehr) wegläßt. Mal unabhängig davon, daß man die Antikörper vielleicht entfernt und sich dadurch eine noch verträglichere Spende ergibt, sollte sich zunächst einmal aber an der Eignung des Plasmas im Sinne von Universalspender und -empfänger nichts ändern. Wie kommen die darauf, daß sich durch Weglassen der Erythrozyten die Sache plötzlich umkehrt und der ursprüngliche Universalempfänger plötzlich den Löffel abgibt, nur weil die Erythrozyten entfernt worden sind? Warum soll AB jetzt plötzlich an dem Plasma zugrundegehen, welches er im Vollblut ganz offenbar gut vertragen hat?
Kurz und gut: Ich habe den leisen Verdacht, daß uns mal wieder ein komplexer Zusammenhang von Dummbeuteln so kastriert dargeboten wird, daß eigentlich alle Aussagen als "teilweise unwahr" gekennzeichnet werden müssen, weil sie nur winzige Herausnahmen aus einer Gesamtkomplexität sind, die mehr unklar machen als daß sie irgendetwas klären würden.
Hat irgendwer hier vielleicht eine Ahnung, wie sich der Sachverhalt in der Gesamtkomplexität darstellt und kann eindeutig begründen, warum passiert, was passiert und warum sich vollkommen widersprechende Aussagen in der Praxis dann wohl doch einen Sinn ergeben (sonst würden ja alle Blutspenden schiefgehen)?
Dann müßte ich zumindest nicht dumm sterben... ;-)
Besten Dank im voraus
BioTechFan
Und zwar geht es um Bluttransfusionen. Jeder lernt früher oder später die AB0-Rhesus-Nummer und bekommt dann irgendwas von Universalspendern und Universalempfängern zu hören. Und weil man (meist noch in der Schule) ja treudeutschdoof glaubt, was einem da aufgetischt wird, denkt man, man wüßte irgendwas.
Oder man begreift wie ich, daß das alles ein wenig komplexer sein könnte und daß es langt, wenn es andere wirklich verstehen und man selbst mal was davon gehört hat, sich aber bitteschön nicht anmaßt, sich da für einen Profi zu halten, obwohl man letztlich die wahre Tiefe der Thematik nichtmal wirklich erahnt, geschweige denn überblickt.
So bin ich bisher ziemlich gut durchs Leben gekommen, wußte weder meine eigene Blutgruppe, noch habe mich für die Blutgruppen von irgendwem interessiert. Blutspende habe ich öfter erwogen, aber ob der mir zu großen Zapfmengen dann immer wieder verworfen. Ein Zwölftel meines Blutes zu verlieren, fand ich immer etwas übertrieben, die Hälfte hätte ich mir wohl gut vorstellen können. Anfragen bei Blutspendediensten endeten immer mit "Wir machen das halt so und zwar schon immer." Nun, ja. Dann halt ohne mich. Das ist mir einfach zu heavy. Ist hier auch nicht das Thema. Wollte nur sagen, daß mir das Blutspendethema nicht grundlegend egal war, es leuchtet schon ein, daß jeder mal ne Transfusion brauchen kann, also auch jeder übers Spenden nachdenken sollte. Vielleicht würden die auch mehr Spender bekommen, wenn sie sie nicht "leermachen" würden.
Zurück zum Thema: Weil bei Corona das Thema Blutgruppen aufkam und meine Freundin sich mit der Mendelsache dahinter recht ordentlich auskennt (hat sie irgendwie interessiert), wurde dieses vergleichsweise uninteressante Thema für mich dann eben doch interessant und ich habe mich damit mal eingehender befaßt und bin dabei einem ziemlich deftigen Verständnisproblem über den Weg gelaufen, bzw. ich zweifle recht deftig an den Erklärungsfähigkeiten sämtlicher Leute, die sich irgendwo prominent zu dem Thema äußern.
Welches Blut ist mit welchem kompatibel und WARUM?
Gängige (Auch-Schul-)Folklore liest sich wie folgt: "Gruppe 0 ist universaler Spender und AB ist universaler Empfänger."
Ist man da etwas genauer, wird die Folklore folgendermaßen geändert: "Das stimmt so nicht mehr, denn das gilt nur für Vollbluttransfusionen, die heute keiner mehr macht. Stattdessen gilt, daß die obige Regel heute nur noch für Erythrozytenkonzentrattransfusionen gilt und für Plasmatransfusionen sich Universalspender und -empfänger genau vertauschen."
Das kann man jetzt hinnehmen und einfach mal so schlucken - oder man kann es im Detail durchdenken und dann fallen einem da mehrere Probleme auf und zwar sowohl bei der alten als auch der neuen Folklore:
Problem mit der alten Folkore: Wenn man Vollblut 0 einem Empfänger mit AB transfundiert (was quasi die ideale Kombi wäre neben ner Spende von identischem Blut), dann treffen sich im Mischblut die Antikörper von Gruppe 0 gegen A und B mit den Antigenen von A und B aus Gruppe AB. Also sollte diese Kombination aus Universalspender und Universalempfänger zu einem deftigen Problem führen. Offensichtlich tut es das aber nicht, sonst wäre die Folklore ja kompletter Nonsens, was ich nicht annehme. Warum verklumpt dieses Blut nicht, obwohl es wundervolle Voraussetzungen dafür hätte?
Problem mit der neuen Folklore: Die Plasmatransfusion unterscheidet sich von der Vollbluttransfusion exakt darin, daß man die Erythrozyten (und noch paar Teile mehr) wegläßt. Mal unabhängig davon, daß man die Antikörper vielleicht entfernt und sich dadurch eine noch verträglichere Spende ergibt, sollte sich zunächst einmal aber an der Eignung des Plasmas im Sinne von Universalspender und -empfänger nichts ändern. Wie kommen die darauf, daß sich durch Weglassen der Erythrozyten die Sache plötzlich umkehrt und der ursprüngliche Universalempfänger plötzlich den Löffel abgibt, nur weil die Erythrozyten entfernt worden sind? Warum soll AB jetzt plötzlich an dem Plasma zugrundegehen, welches er im Vollblut ganz offenbar gut vertragen hat?
Kurz und gut: Ich habe den leisen Verdacht, daß uns mal wieder ein komplexer Zusammenhang von Dummbeuteln so kastriert dargeboten wird, daß eigentlich alle Aussagen als "teilweise unwahr" gekennzeichnet werden müssen, weil sie nur winzige Herausnahmen aus einer Gesamtkomplexität sind, die mehr unklar machen als daß sie irgendetwas klären würden.
Hat irgendwer hier vielleicht eine Ahnung, wie sich der Sachverhalt in der Gesamtkomplexität darstellt und kann eindeutig begründen, warum passiert, was passiert und warum sich vollkommen widersprechende Aussagen in der Praxis dann wohl doch einen Sinn ergeben (sonst würden ja alle Blutspenden schiefgehen)?
Dann müßte ich zumindest nicht dumm sterben... ;-)
Besten Dank im voraus
BioTechFan